Hintergrundinformation
"Charakteristisch für die Entwicklung der modernen visuellen Kultur war die große Beliebtheit von Fotobüchern. Während des gesamten 20. Jahrhunderts begleiteten mit Fotografien
illustrierte Veröffentlichungen wichtige politische und
gesellschaftliche Ereignisse, verbreiteten das Wissen über die Welt und
halfen, neue Kunstformen zum Ausdruck zu bringen. Welche Auswirkungen
hatten diese Fotobücher auf die Gestaltung der Vorstellungskraft der
modernen Bürger Mitteleuropas?
Das von Lukasz Gorczyca und Adam Mazur herausgegebene Fotobuch-Kompendium, 'Photobloc. Central Europe in Photobooks', stellt einen Kanon
mitteleuropäischer Fotobücher zusammen und ist die erste umfassende
polnische Veröffentlichung, die das Wissen zu diesem Thema
zusammenfasst. Der Band 'Photobloc. Central Europe in Photobooks'
enthält Aufsätze führender polnischer Fachleute - Łukasz Gorczyca und
Adam Mazur, einen Aufsatz von Thomas Wiegand über die Verwendung von
Fotobüchern für die ostdeutsche Propaganda, und Adriana Dumitrans Text
über Heda LÖFFLER - eine der interessantesten Persönlichkeiten in
Rumäniens Fotografie des 20. Jhts.Die Besonderheit der mitteleuropäischen Fotobücher liegt in der
Kombination von künstlerischem Ehrgeiz und Propaganda, großer
historischer Erzählung und winzigen Freiheitsräumen.Die Bücher, die wir präsentieren, erzählen anhand der Fotografie die
Geschichte der Region, sind aber auch eigenständige Dokumente, die sich
ändernde soziale Beziehungen, politische Visionen sowie die Aufgaben von
Fotografie und Kunst veranschaulichen. Ein wichtiger Trumpf ist die
Vielfalt der faszinierenden lokalen Unterschiede, wie die erstaunliche
tschechische Schule für modernistische Fotografie oder die polnischen
Untergrundveröffentlichungen der 1980er Jahre." (freie Übersetzung des
Verlagstextes, © ICC, 2019)
Inhalt
"Der von Lukasz Gorczyca und Adam Mazur erausgegebene Katalogband begleitet die Ausstellung 'Photobloc. Central Europe in Photobooks' und war neben der hier angebotenen englisch-sprachigen Ausgabe auch in polnischer Sprache erhältlich. 'Photobloc. Central Europe in Photobooks' stellt die erste polnische Veröffentlichung zum Thema dar und enthält - in Ergänzung zu Manfred Heitings Publikation 'Czech and Slovak Photo Publications 1918-1989' (2018) - weitere spannende Fotobücher aus Ost/Zentral-Europa. Zudem enthält sehr lesbare Aufsätze zu verschiedenen Themen der zentral-europäischen Fotobuch-Geschichte, z.B. Kunst Fotografie (Kapitel 'Art Photography'), Propaganda-Fotobücher (Kapitel 'Building the New State'), Kriegs-Fotobände (Kapitel 'War and Trauma'), Alltagsfotografie (Kapitel 'Everyday Life') und Strassenfotografie (Kapitel 'Voices from the Streets') sowie einen abschließenden Beitrag zur Ostdeutschen Fotografie, Hedy LÖFFLERs Reise-Fotobände. Insgesamt stellt das von Kuba SOWINSKI ansprechend gestaltete, trotz Materialfülle nicht langweilige Fotobuch-Kompendium 'Photobloc. Central Europe in Photobooks' einen spannenden Einstieg und gleichzeitig wegen der hohen Qualität der Aufsätze auch Fachleuten unbedingt zu empfehlende Lektüre dar." (© Richard G. SPORLEDER, 2020)
Buchbesprechung
"Die beiden polnischen Kunsthistoriker Łukasz Gorczyca und Adam Mazur führten einige Zeit einen Blog über polnische Fotobücher. Aus diesem entwickelte sich ein Forschungsprojekt, das nunmehr mit der noch bis 1.3.2020 laufenden, im Detail spannend und innovativ gestalteten Ausstellung 'Photobloc – Central Europe in Photobooks' in Krakow und dem zugehörigen Katalog seinen Abschluss fand.Gegenstand des Unternehmens sind Fotobücher aus Ländern des früheren Ostblocks, die zwischen Faschismus, Kommunismus und Eigenstaatlichkeit eine turbulente und nicht immer einfache Geschichte hatten: im Zentrum stehen Polen, Litauen, Lettland und Estland, dazu kommen Ungarn, Rumänien und die Tschechoslowakei. Bulgarien, das frühere Jugoslawien und Albanien wurden ausgespart, was die Herausgeber in ihrer Einleitung zum Buch begründen. Für jedes Land suchte und fand man Experten, die sich speziell mit den dortigen Gegebenheiten auskennen. Man traf sich zu Konferenzen, um zu definieren, was man unter einem Fotobuch verstehen wolle und wie man die Aufgabe lösen sollte, die bislang weitgehend übersehene und unerforschte Fotobuchkultur aus den genannten Ländern soweit aufzuarbeiten, dass man einen ersten Einblick geben könne. Für das International Cultural Centre Krakow entstanden eine Ausstellung nebst Begleitband, wobei von Anfang an klar war, dass dies nur ein erster Schritt sein könnte. Letztendlich haben es nur 74 fotografisch, historisch und gestalterisch relevante Bücher in den Katalog geschafft, was auf lebhafte Diskussionen und einen harten Auswahlprozess schließen lässt.
Es sollten alle Zeitschichten seit etwa 1900 bis in die Gegenwart abgedeckt werden, möglichst viele Typen und Konzepte für fotoillustrierte Bücher vorgestellt werden und nicht zuletzt auch alle Länder vertreten sein. Die oft und vor allem für die baltischen Staaten überraschende Auswahl kann ich im Einzelnen nicht seriös beurteilen, aufgefallen ist mir nur, dass von der ungarischen Fotografin Kata KÁLMÁN gleich drei sehr ähnlich wirkende Bücher (als Trilogie) vorgestellt werden, dass von drei weiteren Fotografen je zwei Bücher enthalten sind (Karol KALLAY, Hedy LÖFFLER und das Team Antanas SUTKUS/Romualdas RAKAUSKAS) und dass in Hinsicht auf tschechische und slowakische bzw. polnische Bücher eine gewisse Zurückhaltung zu spüren ist, was aber angesichts von Manfred Heitings materialreichem Angebot 'Czech and Slovak Photo Publications 1918-1989' (2018) und von Mazur und Gorczycas eigenem Blog verständlich ist.
Das Buch, 'Photobloc. Central Europe in Photobooks', ist in die Kapitel 'Photobook', 'Art Photography', 'Building the New State', 'War and Trauma', 'Everyday Life' und 'Voices from the Streets' unterteilt. Fotobücher als Kunstform, Dokumentationen, Propaganda, Bücher zum Alltagsleben, unzensierte Protestpublikationen und die aktuelle Szene kommen gleichermaßen vor, eine durch den kompetent begleiteten Auswahlprozess gut ausbalancierte Mischung.
Das Buchkonzept ist übersichtlich: Jedes Kapitel beginnt mit einer sehr kurzen Einführung in veränderter Typographie und einem Symbolbild, jedes Buch erhielt vier Doppelseiten, jedes Buchporträt beginnt mit den bibliographischen Daten und einer Reproduktion von Umschlag oder Einband. Die zugehörigen Texte stammen von unterschiedlichen, fachlich versierten Autoren, geben vertiefte Information und sind leicht lesbar formuliert bzw. von Aleksandra Kamińska übersetzt worden. Das sachdienlich dezente Layout baut sich zwar auf der immer gleichen Grundstruktur für die Buchporträts auf, wirkt aber nie langweilig, was nicht nur an der Auswahl der Abbildungen liegt, sondern auch an den Variationen, die Gestalter Kuba SOWINSKI für deren Anordnung gefunden hat. Die vorgestellten, aus allen möglichen Sammlungen und Bibliotheken zusammen getragenen Exemplare behielten in den Reproduktionen ihre Geschichte, ungeachtet der Retuschemöglichkeiten, die man mit Photoshop hätte – alte Bücher sehen nun mal nicht neu aus. Geschichte wird auch dadurch anschaulich.Neben der Einleitung der beiden Herausgeber, die nicht nur das Entstehen von Ausstellung und Buch reflektiert, sondern auch Fragen nach dem Wesen eines Fotobuchs insbesondere unter den schwierigen Bedingungen in den betreffenden Ländern nachgeht, sind am Ende noch zwei Essays zu finden, zum einen eine exemplarische Studie über die lange vergessene rumänische Fotografin Hedy LÖFFLER, zum anderen und als Abschluss ein Beitrag über Propaganda mit Fotobüchern am Beispiel der Fotobuch-Produktion der DDR (leider mit einem Lapsus bei der Bebilderung, Fig. 1 passt gar nicht…) mit Ausblicken auf andere Ostblockländer.Das annähernd quadratische, durchaus handliche, gut gedruckte und gebundene Buch gehört in seiner wohl durchdachten Konzeption und der überzeugenden Gestaltung zu den derzeit besten Büchern über Fotobücher. Auf Basis von 'Photobloc – Central Europe in Photobooks' werden sich hoffentlich noch weitere von den thematisch oder regional fokussierten Detailstudien realisieren lassen, wie sie sich Mazur und Gorczyca wünschen." (© Thomas WIEGAND, in: Kasseler Fotobuchblog vom 09. Dez. 2019, aufgerufen am 19. Februar 2020, Quelle: http://kasselerfotobuchblog.de/ostblock-fotoblock-fotobuch/)
Im Kompendium vertretenen Fotograf:innen sind (in alphabetischer Reihenfolge)
- Antonin BECVAR, Gunars BIRKMANIS, Ovidiu BOGDAN, Mara BRASMANE, Adam BUJAK, Tadeusz BUKOWSKI, Ilie BUMBAC, Jozef CINCIK, Erazm CIOLEK, Codruta DRAGOESCU, Frantisek DRTIKOL, Milada EINHORNOVA, Aliona FRANKL, Dan Eremia GRIGORESCU, Aneta GRZESZYKOWSKA, Edward HARTWIG, Vilem HECKEL, Joanna HELANDER, Gheorge IANCU, Gunars JANAITIS, Lukas JASANSKY, Jiri JENICEK, Karol KALLAY, Kata KALMAN, Ata KANDO, Enn KÄRMAS, Jan Krzysztof KELUS, Martin KOLLAR, Joseph KOUDELKA, Monika KRAJEWSKA, Edmund KUPIECKI, Andrzej LACHOWICZ, Vladimir LAMMER, Zenis LEGZDINA, LETA, Natalia LL, Hedy LÖFFLER, György LÖRINCZY, Laszlo Lugosi LUGO, Sorin LUPSA, Ivan LUTTERER, Jan MALY, Jindrich MARCO, Martin MARTINCZEK, Aleksandra MEDNIS, Olgerts MELGALVIS, Janina MIERZECKA, Vilhelms MIHAILOVSKIS, Andrew MIKSYS, Rafal MILACH, Aleksander MINORSKI, Corneliu MOCANU, Jan MOREK, Tercjan MULTANIAK, Vlad NANCA, Juri OKAS, Karel PASPA, Jozsef PECSI, Miroslav PETERKA, Karol PLICKA, Jiri POLACEK, Martin POLAK, Romualdas POZERSKIS, Peter PUKLUS, Romualdas RAKAUSKAS, Romualds RENCIS, Vilis RIDZENIEKA, Janis RIEKSTS, Zofia RYDET, Jan RYS, Tadeusz RZACA, Carl SARAP, Martin SARCA, Leonard SEMPOLINSKI, Algirdas SESKUS, Zbyszko SIEMASZKO, Bohuslav SIMAK, Ladislav SITENSKY, Wladyslaw SLAWNY, Lubo STACHO, Antanas SUTKUS, Kornel TABORI, Heinrich TIIDERMANN, Peeter TOOMING, Zdenek TMEJ, Erno VAJDA, R. WOJCIECHOWSKI, Mojzesz WOROBIEJCZYK, S. ZAWIDZKI
Fotobücher von
- BECVAR, Antonin
BIRKMANIS, Gunars
BOGDAN, Ovidiu
BRASMANE, Mara
BUJAK, Adam
BUKOWSKI, Tadeusz
BUMBAC, Ilie
CINCIK, Jozef
CIOLEK, Erazm
DRAGOESCU, Codruta
DRTIKOL, Frantisek
EINHORNOVA, Milada
FRANKL, Aliona
GRIGORESCU, Dan Eremia
GRZESZYKOWSKA, Aneta
HARTWIG, Edward
HECKEL, Vilem
HELANDER, Joanna
IANCU, Gheorge
JANAITIS, Gunars
JASANSKY, Lukas
JENICEK, Jiri
KALLAY, Karol
KALMAN, Kata
KANDO, Ata
KÄRMAS, Enn
KELUS, Jan Krzysztof
KOLLAR, Martin
KOUDELKA, Joseph
KRAJEWSKA, Monika
KUPIECKI, Edmund
LACHOWICZ, Andrzej
LAMMER, Vladimir
LEGZDINA, Zenis
LETA
LL, Natalia
LÖFFLER, Hedy
LÖRINCZY, György
LUGO, Laszlo Lugosi
LUPSA, Sorin
LUTTERER, Ivan
MALY, Jan
MARCO, Jindrich
MARTINCZEK, Martin
MEDNIS, Aleksandra
MELGALVIS, Olgerts
MIERZECKA, Janina
MIHAILOVSKIS, Vilhelms
MIKSYS, Andrew
MILACH, Rafal
MINORSKI, Aleksander
MOCANU, Corneliu
MOREK, Jan
MULTANIAK, Tercjan
NANCA, Vlad
OKAS, Juri
PASPA, Karel
PECSI, Jozsef
PETERKA, Miroslav
PLICKA, Karol
POLACEK, Jiri
POLAK, Martin
POZERSKIS, Romualdas
PUKLUS, Peter
RAKAUSKAS, Romualdas
RENCIS, Romualds
RIDZENIEKA, Vilis
RIEKSTS, Janis
RYDET, Zofia
RYS, Jan
RZACA, Tadeusz
SARAP, Carl
SARCA, Martin
SEMPOLINSKI, Leonard
SESKUS, Algirdas
SIEMASZKO, Zbyszko
SIMAK, Bohuslav
SITENSKY, Ladislav
SLAWNY, Wladyslaw
STACHO, Lubo
SUTKUS, Antanas
TABORI, Kornel
TIIDERMANN, Heinrich
TOOMING, Peter
TMEJ, Zdenek
VAJDA, Erno
WOJCIECHOWSKI, R.
WOROBIEJCZYK, Mojzesz
ZAWIDZKI, S.
- Hrsg./Autor(en)
- Texts: Łukasz Gorczyca, Adam Mazur
- Buchgestaltung
- Kuba SOWINSKI
- Format
- English ed.! Flexible HC (no dust jacket, as issued), 24 x 28 x 3 cm., 348 pp., color & b/w ills., text language: English