Persönliches Statement des chinesischen Fotografen Li YANG, Hintergrundinformation
"Die Fotos im Fotoband '404 not found' von Li YANG wurden in einer chinesischen Statd mit dem Namen '404' aufgenommen. '404' ist nur ein Code, der der Stadt gegeben wird, die keinen anderen
Namen hat und der auf der Karte von China nicht markiert war und ist. Die Stadt '404' wurde in den 1950er Jahren erbaut. Zu ihrer Zeit lebten
dort etwa 50.000 Menschen auf höchstens einem Quadratkilometer. '404' war die früheste und größte nukleartechnologische Forschungsbasis, die die Atombombenprojekte in China unterstützte. Ihre Gründung trug nach den ersten Explosionen der Atom- und
Wasserstoffbomben 1964 bzw. 1967 wesentlich dazu bei, dass Chinas
internationaler Status in der Welt wesentlich aufgewertet wurde. Obwohl von geringer Ausdehnung, hatte '404' alle Regierungsabteilungen wie andere Städte in
China auch; dazu zählten Büros für öffentliche Sicherheit, Land,
öffentliche Bildung und Volksgericht usw., alle diese wurden in einem so
kleinen Wohngebiet gebaut und betrieben. '404' war ein abgelegener Ort in der Wüste Gobi. Abgesehen von den Steinen
konnte nur eine Pflanzenart namens Kamelgras auf natürliche Weise in
der rauen Wüstenumgebung überleben, und alle Bäume an diesem Ort wurden
durch künstliche Kultivierung angepflanzt. Als die Stadt gegründet wurde, wurden Eliten aus allen Gegenden des Landes ausgewählt, um nach '404' zu gehen. Zu dieser Zeit hatte die Stadt die besten Nuklearwissenschaftler,
Techniker, Köche, Lehrer, Ärzte usw. des Landes versammelt. Sie kamen
hierher, bauten die Stadt 404 mit bloßen Händen in der Wüste Gobi und
sind seitdem nie mehr gegangen. Nachdem sie ein halbes Jahrhundert dort gearbeitet und gelebt hatten,
starben diese Menschen und wurden am Ende auch dort begraben.
Ich gehöre der dritten Generation von '404' an - ich wurde dort geboren und lebte dort bis zu meinem 19. Lebensjahr; jedes Foto in dieser Serie
bezieht sich auf meine eigenen Erfahrungen und die der Menschen um mich
herum. Die Szenen beinhalten meinen Kindergarten, meine Grundschule, die
gleiche Schule, die meine Eltern besucht haben, das öffentliche Bad,
das wir wöchentlich besucht haben und das auch ein wichtiger sozialer
Ort für die Menschen vor Ort war, und die beiden Pappeln, die ich selbst
gepflanzt habe. usw. Dies war einst unser Zuhause, voller Leben.
Nach einem halben Jahrhundert zogen die Menschen Anfang der 2000er Jahre
von '404' weg und hinterließen überall menschenleere Szenen. Als ich mit meiner Kamera zurückkam und diese verlassenen Szenen sah,
kam es mir so vor, als stünde ich vor einer völlig anderen Welt und
fühlte mich gleichzeitig sehr vertraut und doch sehr seltsam " (frei
übersetzter Text, © Li YANG)
Zusatzinformation
Der Fotoband '404 not found' von Li YANG behandelt scheinbar ein spezifisch chinesisches Thema, aber verlassene Orte, finden sich auch in prominenten Beispielen wie den 'Prypat'-Fotografien von Roberto POLIDORI (2003) oder den winterlichen Vergnügungsparks bei Jussi PUIKKONEN ('On Vacation', 2008). '404 not found' enthält Architekturaufnahmen, die um das Jahr 2000 nach der Aufgabe einer in den 1950er Jahren im Geheimen entstandenen Stadt entstanden sind. In der als Forschungsbasis konzipierten Stadt nahe der Wüste Gobi lebten einst bis zu 50.000 Menschen. Die Bilder dokumentieren den heutigen Zustand; während z.B. Straßenmarkierungen noch völlig intakt zu sein scheinen und auch die Pflanzenwelt nicht komplett Besitz ergriffen haben, ist der Verfall der meist völlig ausgeräumten Gebäude sichtbar. Zudem sind nahezu alle Erdgeschoss-Öfffnungen zugemauert, was an verlassenen Gebäude hierzulande erinnert sowie an Gebäude, die ehemals zu nahe an der innerdeutschen Grenze (Mauer) standen.
Über den chinesischen Fotografen Li YANG (*1984)
- Buchgestaltung
- Wang TIANYU & Yuan SHIRAN
- Format
- HC (no dust jacket, as issued), 22,5 x 16 x 1,5 cm., 208 pp., color ills., bilingual text: Chinese / English, Ltd. to 500 copies