Hintergrundinformation
Der vergriffene Fotoband 'Yangon Fashion 1979 - Fashion=Resistance', herausgegeben und gestaltet vom österreichischen Fotografen Lukas BIRK bringt einzigartige Fotografien der modischen Jugend von Yangon in den späten 1970er Jahren ans Licht. Die 1970er Jahre waren in Myanmar eine Zeit der diktatorischen Macht, der Inflation, der Lebensmittelknappheit und der Korruption der Regierung. Das Land wurde isoliert und weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Mit dem Aufkommen der Fotografie im städtischen Myanmar in den 1960er Jahren wurde die Porträtfotografie zu einem wichtigen Bereich für die Entwicklung der kulturellen Identität.
In den 1970er Jahren waren die Möglichkeiten, sich auf den Straßen Myanmars zu kleiden, eher begrenzt. Es war nicht üblich, westliche Kleidung zu tragen, aber die jungen Leute wollten an der Modewelt teilhaben. Sie importierten illegal Hochglanzmagazine wie Cosmopolitan und Vogue und gingen dann zu einheimischen Schneidern, um sich diese Outfits zu schneidern - Schlaghosen, Kleider, Hemden usw. Da es nicht möglich war, die Kleider draußen zu tragen, gingen die jungen Leute in Fotostudios, um sich in diesen Outfits fotografieren zu lassen. Sie machten kleine Fotos (deren Druck noch ziemlich teuer war) und tauschten sie mit Freunden aus. Auf diese Weise konnte man seinen Stil zum Ausdruck bringen, sich mit Freunden austauschen und sich in gewisser Weise den Kontrollen des Regimes widersetzen.
Die in der Publikation enthaltenen Fotografien wurden von Har Si Yone in seinem 1969 gegründeten und heute noch aktiven Bellay-Fotostudio und in vielen anderen unbekannten Studios aufgenommen. Die Fotoparade im Innenteil dokumentiert junge Frauen und Männer, die vor der Kamera posieren. Bei den meisten Bildern handelt es sich um Ganzkörperaufnahmen, doch gelegentlich wird der Fluss durch eine Nahaufnahme oder Details der Kleidung unterbrochen. Die Porträtierten sehen radikal und westlich aus, ihre Körpersprache und ihr Stil zeugen von ihrer Freiheit. Und einige junge Leute haben sogar die Frisuren westlicher Berühmtheiten dieser Zeit, wie Elvis Presley, übernommen. Etwa zur gleichen Zeit nutzten junge Menschen in verschiedenen Teilen der Welt westliche Mode und Musik, um sich auszudrücken, und das Atelier wurde zu einem Ort für spielerische Experimente.
Das Studioporträt ist ein Schlüssel zur afrikanischen Fotogeschichte: Die Fotos von Seydou KEITA spielten oft mit gemusterten Hintergründen, Kleidung, Accessoires und anderen Requisiten, um den Porträtierten zu helfen, sich selbst neu zu imaginieren; Sory SANLÉ hielt die Jugendkultur, Tänzer und Musiker Westafrikas fest; Malick SIDIBÉ ermutigte seine Porträtierten, ihre eigenen Requisiten für die Fotoshootings mitzubringen, da sie in hellen Hemden und Schlaghosen im westlichen Stil posierten. Genau wie in Yangon etablierten diese Fotografen eine neue Ästhetik und feierten die Freiheit.
Yangon Fashion 1979 - Fashion=Resistance" von Lukas BIRK ist sowohl vom Inhalt als auch von der Präsentation her spannend. Es beleuchtet ein weniger bekanntes kulturelles Phänomen und zeigt, welche Rolle die Mode dabei spielte, die Fantasie und eine persönliche Form der Rebellion zu beflügeln. Das Projekt erinnert auch an "Beijing Silvermine", ein Archiv mit volkstümlichen Fotografien aus China, eine Sammlung von weggeworfenen Negativen aus einer Recyclinganlage, die von Thomas SAUVIN geborgen wurde. Der französische Fotografiesammler und Kurator wendet ebenfalls spielerische und unerwartete Methoden an, um vernakuläre Fotografie in Buchform erlebbar zu machen. Die Initiative des Österreichers folgt demselben Weg, geht aber noch einen Schritt weiter und macht die Menschen vor Ort zu aktiven Teilnehmern an ihrer eigenen Geschichte.
Inhalt
Der vergriffene, limitierte Fotoband 'Yangon Fashion 1979 - Fashion=Resistance' von Lukas BIRK ist als Objekt durchaus spannend. Das Buch selbst ist extrem vertikal, seine Form lang und dünn. Auf dem Umschlag ist ein Schwarz-Weiß-Foto einer jungen Frau in einem Fotostudio zu sehen. Ganz unten steht in roter Schrift der Titel, in Gold ist der Schriftzug 'Mode = Widerstand' eingeprägt, passend dazu sind in Gold der Gürtel und das Stirnband der Frau eingeprägt. Der Text auf der Rückseite ist sowohl informativ als auch prägnant und fordert den Betrachter auf, sich auf einen Stil made in Myanmar 1979 einzustellen, der nicht für die Massen bestimmt ist, sondern mit Freunden geteilt werden soll.
Alle Fotografien sind auf Transparentpapier gedruckt, so dass sich die Bilder kontinuierlich überlappen, was dem Austausch im wirklichen Leben ähnelt. Gelegentlich beginnen die Bilder auf der rechten Seite und setzen sich auf der anderen Seite fort, wodurch noch mehr Überschneidungen und visuelle Dynamik entstehen.
Über den österreichischen Fotografen, Herausgeber sowie Buchgestalter Lukas BIRK
Fotobücher von Lukas BIRK