Hintergrundinformation, Inhalt
"Die Griechenlandaufnahmen von Walter HEGE und Herbert LIST entstanden in den 1920er und 1930er Jahren. Damals bewegte sich die Rezeption der antiken Tempelarchitektur zwischen der Vorstellung einer ehemals heiligen Stätte und romantischer Ruinenästhetik. Durch das Objektiv von Walter HEGE sehen wir die Tempel als Metapher für politische Macht und den Herrschaftsanspruch der frühen Athener Demokratie. Er stützte den gängigen, konservativen Mythos.
Im Gegensatz dazu sind die Architekturfragmente in der photographischen Ästhetik von Herbert LIST komponierte Stillleben. Er spielte in Griechenland bewusst mit dem Zufall als Kompositionselement, mit Gegenlichtaufnahmen und gelegentlich mit Doppelbelichtungen. Seine Ruinenaufnahmen inszenieren eine eigene Idylle.
Walter HEGE interessierte sich für den Tempel als Raumkörper, als historisch bedeutende, architektonische Leistung, Herbert LIST für dessen Oberflächen, für das Ruinöse des Tempelfragments. Beide Fotografen schufen keine objektiven Abbilder, sondern interpretier ten und inszenierten die griechischen Tempel mit Hilfe der Kamera. Sie stehen exemplarisch für zwei photographische Grundüberzeugungen: kontextgebundene Abbildungsgenauigkeit versus Verfremdung durch enge Bildausschnitte oder: Realismus versus Abstraktion. Die Arbeit wird so zu einer Musteruntersuchung zweier Ansätze innerhalb der Architekturphotographie." (© Reimer Verlag, 2003)