Hintergrundinformation, persönliches Statement des Fotografen
"Es war im Juli 1978: Wir – meine Eltern, meine beiden Geschwister und ich – waren mit unserem neuen Auto auf dem Weg in den Sommerurlaub nach Spanien. Für mich als dreijährigen Jungen ein großes Abenteuer! Einer der vielen Stopps der zweitägigen Anreise war eine Autobahnraststätte. Von den anderen unbeobachtet lief ich schnurstracks vom Picknickplatz fort. Die Abenteuerlust hatte gesiegt. Ich war dabei, die Welt auf eigene Faust zu erobern – und der Startpunkt war der Parkplatz. Da wäre ich wahrscheinlich heute noch, hätte meine sehr besorgte Mutter mich nicht gefunden und erleichtert fest an sich gedrückt, als sie mich einholte. Wann immer ich heute an einer Autobahnraststätte halte, kommt mir dieses Erlebnis aus Kindheitstagen in den Sinn: die sorgenfreie Lust des kleinen Jungen, die Welt zu erkunden. Mittlerweile aber auch aus dem Blickwinkel des Vaters: die Sorge der Eltern über die Unbedachtheit ihrer Kinder gegenüber Gefahren. Seit nunmehr elf Jahren erobern meine Kinder die Welt. Sie führen mir die besondere Leichtigkeit, die nur dem Kindsein innewohnt, vor Augen. Es ist ein bedingungsloses Leben im Hier und Jetzt: die absolute Hingabe und Freude am Moment, aber auch das Gefangensein in scheinbar auswegloser Verzweiflung. Segen und Fluch zugleich noch nicht zu wissen, dass alles vorübergehend ist. Mit der Kamera in der Hand bin ich nicht nur der Vater meiner Kinder, sondern auch ihr stiller Beobachter im Hintergrund. Ich erlebe ihr Sein, ihr Tun im Hier und Jetzt auch als Fotograf und dokumentiere Momente, Erlebnisse, Kuriositäten und Entwicklungen. Dabei geht es mir nicht um die Inszenierung oder das Posing der Kinder, sondern um Bilder aus dem echten Leben, aus unserem Alltag zu Hause, beim Spielen, nach der Schule, beim Sport oder beim Einkaufen. Meine Söhne sind Frühaufsteher. Ihre Nächte enden für gewöhnlich zwischen sechs und sieben Uhr morgens. Mit dem Aufwachen sind beide hellwach und voller Spielfreude, bereit loszulegen. Mit ihrer ausgeprägten Fantasie erobern sie jeden Morgen die Welt in Sekundenschnelle. 'The world ain’t enough'! Ihr kindlicher Eroberungshunger inspirierte mich zu dem Titel dieses Buches. Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, unser Familienleben als Vater und als Fotograf zu erleben und zu dokumentieren. Das Buch repräsentiert die ersten zehn Jahre. Die Zeit rast. Mittlerweile schleichen sich die ersten schrägen Töne der Pubertät ein. Die Eroberung der Welt geht weiter." (Oliver RASCHKA, 2020)