Hintergrundinformation
"'I would also like to be. A work on jealousy' ist ein interessantes Buchprojekt, auch wenn die Geschichte der Hauptperson erfunden ist: die ehemalige Freundin (= Jenny ROVA) beschafft sich Bilder ihres Ex mit seiner Neuen aus dem Netz und stellt die Szenen darauf aufwändig nach (Posen, Licht) nach, um die neue Liebe durch Überkleben mit ihrem eigenen Konterfei wieder zu ersetzen und daraus ihr eigenes 'Album' zu kreieren. Auf diese Weise holt sie sich auf ihre Art ihren Freund wieder zurück.
Die Erklärung steht gleich auf der ersten Seite; es folgen Fotos, auf denen die Collagen mehr oder minder auffällig sind, dazwischen beschreibende, handschriftliche Notizen, wie man sie aus eigenen Fotoalben kennt und wie sie glückliche Tage beschreiben.
Zugegeben, ein wenig gruselt es schon, besonders, wenn man sich die Special Edition (20er Auflage, € 250,00 / je Exemplar) leistet, wo die Collagen tatsächlich von Hand gefertigt sind.
Die in der Schweiz lebende schwedische Künstlerin Jenny ROVA beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit der Thematik der Selbstdarstellung und schlüpf dafür in die unterschiedlichsten Rollen, die sie dann perfekt auslebt/-gestaltet. Gleichzeitig wird im Fotoband 'I would also like to be. A work on jealousy' thematisiert, dass wir durch unsere Posts bereitwillig alle unsere Bilder zur freien Verfügung stellen; da ist diese persönliche Geschichte noch die harmloseste Variante!
'station21 zeigte vom 9. bis 18. Dezember 2015 eine Ausstellung von Jenny ROVA.
ROVA beschäftigt sich zurzeit hauptsächlich mit der Thematik der Selbst-darstellung. Dabei unterscheidet sie zwei Formen von Selbstportraits: Zum einen fotografiert ROVA sich selbst immer wieder vor einer weißen Wand und versucht damit die unterschiedlichen Stimmungen im Tages- und Zeitverlauf einzufangen. Dabei stehen für sie Menge und Kontinuität der Bilder im Vordergrund. Betrachtet man die einzelnen Aufnahmen, so beginnt man sie miteinander zu vergleichen und die kleinen Veränderungen zu entdecken.
Als zweite Form von Selbstportraits benutzt ROVA sich selbst als Darstellerin. Die Thematiken dieser Darstellungen sind dabei ihrer realen Lebenssituation entliehen. ROVA spielt mit dem Bild von sich als Frau, Schwangere, als Mutter, als Ausländerin usw. 'In diesem Spiel übertreibe ich die Darstellungen, so dass sie sich zum Teil an der Grenze zum Absurden bewegen. Dabei geht es mir darum, sie zu verdeutlichen um sie zu verstehen. Oft entstehen diese Bilder, wenn ich davon irritiert bin, wie man mich als Frau, Mutter oder Schwangere von außen beurteilt.' (frei übersetzt, © Jenny ROVA)
Diese Art der Selbstportraits hat gesellschafts-politischen Charakter.
Neben den Fotografien wurde auch ROVAs Videoarbeit Walking on a Line gezeigt. Das neunminütige Video in einer Endlos-Schleife entstand aus dem Projekt 'Gender Geographics' der HGK Zürich heraus, in Zusammenarbeit mit Prof. Kaucyila BROOKE vom CalArts in Los Angeles.
"Die Absicht dieses Projektes war es herauszufinden, wie das Geschlecht mit dem Raum in Beziehung steht und umgekehrt. Es interessierte mich, wie sich Individuen in der Öffentlichkeit bewegen und ihren Platz beanspruchen. Beim Spazieren gehen durch die Stadt Zürich hatte ich das Gefühl, dass ich als Frau die Tendenz hatte entgegenkommenden Fußgängern Raum abzugeben. Bemüht, männlich-weibliche Bewegungsmuster im öffentlichen Raum zu entdecken, versuchte ich ebendiese Regeln zu brechen.
Ich wählte eine Linie, die auf dem Boden des Hauptbahnhofs Zürich verlief. Ich ging mit meiner normalen Geschwindigkeit der Linie entlang ohne jemandem aus dem Weg zu gehen. Ein Freund filmte mich dabei mit einer in einem Babywagen versteckten Kamera, in einem Abstand von drei bis vier Metern hinter mir. Es war wichtig die Kamera zu verbergen, da sich die anderen Passanten ansonsten unnatürlich verhielten und mir auswichen. Ich wollte ihr normales Verhaltensmuster stören. Die Reaktionen auf meine Gehweise waren sehr stark. Männer verhielten sich morgens aggressiver, während dies bei Frauen am Nachmittag der Fall war. Männer reagierten öfter physisch aggressiv und wollten mich aus ihrer Bahn drängen. Manchmal schlugen sie mich sogar. Frauen regten sich auf, sobald ich mich nicht entschuldigte und nannten mich 'Schlampe' oder 'Hure' oder machten andere sexuelle Anspielungen. Mein Experiment stellte sich als eine Art Feldstudie der versteckten Hierarchien von Geschlecht, Klasse und Rasse heraus." (J.R.)
Über die Fotografin, Jeny ROVA (*1972, Uppsala, SWE):
Jenny ROVA lebt seit 2001 in Zürich.
1996-99 - FAMU, Acad. of Preforming Arts, photography department, Prag
2001-04 - HGKZ, University of Art and Design, photography department, Zürich
- Buchgestaltung
- Alexandra BRUNS
- Format
- 2nd printrun (pink cover)! Sewn pamphlet binded Pb. (no dust jacket, as issued), 20 x 26 x 1 cm., 72 pp., 41 color ills., text language: English, Ltd. to 175 copies