Hintergrundinformation
Dieses vierbändige Fotobuch-Set 'Erde, Feuer, Wind, Wasser' von Damian HEINISCH - seinem zweiten Fotobuch nach '45' - ist das Ergebnis eines Langzeitprojekts. Die Publikation wirft Fragen zum kulturellen und kollektiven Erbe auf und nimmt den Betrachter mit auf eine (visuelle) Reise durch die Geschichte Europas im 20. und 21. Jahrhundert - eine Geschichte von Krieg, Migration und politischen Umwälzungen, eine Geschichte, die unzählige Familien tiefgreifend beeinflusst hat.Ausführliche Beschreibung unter Verwendung des Textes von Ulrich Rüter für LFI, 'Buch des Monats'
In jedem der vier Fotobände des Fotobuch-Sets "Erde, Feuer, Wind, Wasser" von Damian Michal HEINISCH - symbolisch verankert in den vier Elementen und den vier Jahreszeiten, die den Kreislauf des Lebens betonen - konzentriert sich die Erzählung auf verschiedene Generationen meiner Familie über die letzten 75 Jahre. Sie beginnt mit dem Tagebuch meines Großvaters (ein historisches Fragment aus seiner Zeit als Kriegsgefangener in der Ukraine), geht weiter zur Emigration der Familie von Polen nach Westdeutschland in den 1970er Jahren und der Welt, in der die polnischen Verwandten heute leben, bevor sie seine Beziehung zu meinem verwitweten Vater in Deutschland und meine eigene Identitätssuche in Norwegen, seiner Wahlheimat, erforscht. Jedes der vier Bücher wird von Texten der Medien- und Kunstwissenschaftlerin Sophie-Charlotte Opitz begleitet, die sich kritisch mit den Wirkungsmechanismen der Fotografie auseinandersetzt und das Projekt von Damian HEINISCH in einen kulturgeschichtlichen Gesamtzusammenhang stellt. In den vier Bänden verhandelt sie zudem die unterschiedlichen Wirkungsweisen und Dynamiken von Erinnerungskulturen, die über Ländergrenzen und Generationen hinweg wirken. Von Kristian Skylstad geführte Interviews ergänzen die Publikation, die auch auf persönliche Weise eine prekäre Universal- und Zeitgeschichte porträtiert.
"Unser Buch des Monats besteht diesmal aus nicht weniger als vier Bänden, die in einer aufwendigen Schuberbox präsentiert werden. Der Einband jedes einzelnen Buches ist in einer anderen Farbe und mit einer schlichten typografischen Gestaltung versehen; das Werk des Fotografen erschließt sich erst, wenn der Leser die großformatigen Bände aufschlägt. Wer dann gefällige Landschaftsbilder erwartet, die um die Elemente Erde, Feuer, Wind und Wasser kreisen, wird schnell feststellen, dass Heinischs Bildwelten eigentlich ganz anders sind: Hinter dem Titel verbirgt sich das Ergebnis eines dokumentarischen Langzeitprojekts, in dessen Mittelpunkt die Geschichte der Familie des Fotografen steht und reflektiert wird.
Es ist ein komplexes Projekt: In jedem Band konzentriert sich der Fotograf auf Familienmitglieder aus verschiedenen Generationen.
In 'Erde' ist der Großvater des Fotografen der Protagonist. Er starb am Ende des Zweiten Weltkriegs in einem sowjetischen Zwangsarbeitslager in der Ukraine. Vom 16. Februar bis zum 10. September 1945 hatte er Tagebuch geführt: Jede der Doppelseiten ist mit winziger Schrift gefüllt und wird auf der rechten Seite in Originalgröße wiedergegeben, während der Text auf der linken Seite in lesbarer Schrift erscheint. Die Lektüre der Einträge ist ein bedrückendes Eintauchen in die dramatische Situation, in der sich der Autor, Walter Heinisch, befand - das Tagebuch führt bis zu seinem Tod am 5. Oktober 1945. Sein Enkel, Damian Michał HEINISCH, hat nun seine eigene Auseinandersetzung mit dem Schicksal seines Großvaters geschickt in dieses Fotobuch eingefügt: Auch die Seiten, auf denen das Tagebuch reproduziert wurde, klappen auf und zeigen Motive - fotografiert im Autochromverfahren -, die 2014 entstanden sind, als der Fotograf auf den Spuren seines Großvaters durch die Ukraine reiste. Vergangenheit und Gegenwart verweben sich. Die Tatsache, dass der aktuelle Krieg in der Ukraine kurz nach der Reise des Fotografen begann, stellt eine weitere Verbindung zur Zeitgeschichte dar. Die begleitenden Texte liefern die nötigen Informationen über die familiären und historischen Zusammenhänge: In jedem der Bücher findet sich ein Essay der Medien- und Kunstwissenschaftlerin Sophie-Charlotte Opitz sowie ein Interview mit dem Fotografen. So eröffnet sich ein spannender Prozess, der die Funktionsweise und Dynamik von Erinnerung und Kultur über Ländergrenzen und Generationen hinweg einbezieht.
Die weiteren drei Bände bieten weitere Kapitel der Familiengeschichte der Fotografin. Feuer" erzählt davon, wie die Familie in den siebziger Jahren von Polen nach Westdeutschland emigrierte. Wind" beschäftigt sich mit dem verwitweten Vater der Fotografin in Deutschland, mit Motiven, die in Schwarz-Weiß fotografiert wurden. In "Wasser" vervollständigt der Fotograf das vierbändige Kompendium, indem er seine eigene Identität in seiner Wahlheimat Norwegen hinterfragt.
Jede Familie hat ihre eigene Sprache, ihre eigenen Codes und Verhaltensmuster. Dennoch lassen sich grundlegende Vergleiche feststellen. So entpuppt sich das Projekt als vielschichtige, spannende Tetralogie, die eine anspruchsvolle Interpretation einer individuellen Lebens- und Familiengeschichte liefert und gleichzeitig mit den unterschiedlichsten fotografischen Ausdrucksformen arbeitet. Der Fotograf verfügt über ein breites Repertoire: Er arbeitet mit unterschiedlichen Techniken und Kameras, analog und digital, in Farbe und Schwarz-Weiß.
Gerade aus diesem sehr persönlichen Ansatz lassen sich allgemeine Überlegungen zu Wahrnehmung und Erinnerung ableiten. Das Projekt ist weder leicht verdaulich noch einfach zu durchblättern; dennoch ist es die Notwendigkeit für den Betrachter und Leser, den Büchern Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, die die überzeugende und emotionale Kraft des Projekts offenbart. Die Balance zwischen Aufwand und Inhalt ist gelungen." (© Ulrich Rüter, in: LFI. Buch des Monats vom 23.11.2021)
Zusatzinformation
Das Fotobuch-Set 'Erde, Feuer, Wind, Wasser' von Damian Michal HEINISCH erscheint in einer limitierten und signierten Auflage von 600 Exemplaren. Die vier hochwertigen Hardcover sind in einem Leinenschuber vereinigt. Die Texte in Deutsch und Englisch stammen von Walter Heinisch, Sophie-Charlotte Opitz, Kristian Skylstad; für die sehr stimmige Buchgestaltung ist Andreas Rød SKILHAGEN verantwortlich.