Hintergrundinformation
"Für Gerda MALETA sind die Fotografien Erinnerungsaufnahmen aus einer siebzehnjährigen freundschaftlichen Beziehung. In ihrem Buch 'Seteais' hat sie die stets gefährdete Balance in dieser Beziehung beschrieben, die strengen Grenzen, die verlangte Distanz, das Tabu der körperlichen Nähe, den immer drohenden Umschlag der Stimmung in Kälte und Verachtung, alle Regeln und Sanktionen dabei vom Autor als männlichem Part bestimmt.
Kennen gelernt haben sie einander zu Ostern 1972 im Jagdhaus eines Freundes. Die Häuser von Gerda MALETA und Thomas Bernhard lagen nicht weit voneinander entfernt, man traf sich in ihrer Villa Traunegg in Oberweis oder in Bernhards Bauernhof in Obernathal, Orte, die mit dem Auto in wenigen Minuten zu erreichen sind.
Inhalt
Die Farbfotografien im Band 'Um der Kälte zu entfliehen. Gerda Maletas Bernhard-Fotografien' dokumentieren gemeinsame Reisen nach Sizilien, Portugal und Mallorca ebenso wie (kurze) Ausflüge und Wanderungen. Nach dem gleichnamigen Essay von Hans Höller, der den Band einleitet, folgen - chronologisch geordnet - zumeist datierte Serien von 1974 bis 1982. Im Zentrum des dokumentierten Alltags steht fast immer der Autor Thomas Bernhard.
Rezensionen
"Ferien mit Thomas Bernhard. Die Angst vor großer Nähe war eine Lebensangst von Thomas Bernhard. Ein Leben auf der Flucht vor Menschen, die behaupten könnten, ihn zu kennen. Außer seiner Lebensfreundin, der wesentlich älteren sogenannten 'Tante' Hedwig Stavianicek, waren alle Freundschaften flüchtig und konnten jederzeit von ihm beendet werden. Einfach so. Gerda MALETA war eine ferne Freundin, bewohnte eine Villa in der Nähe seines Obernathaler Hofes und ging mit ihm auf Reisen, wann immer er es wünschte. Die Fotos dieser Fahrten sind von einer Leichtigkeit und Schönheit und Unbeschwertheit, wie man sie von Bernhard bislang kaum kannte. Mit Zipfelmütze auf dem Kopf oder einem kühlen Eisblock, im Bademantel und beim Weihnachtsfest. (...) Das Glück sieht man den Bildern an." (© Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 2005)
"Gerda Maletas Bernhard-Bilder als Foto-Essay. Thomas Bernhard ganz privat – das ist ein ungewöhnlicher Anblick. Vom österreichischen Schriftsteller gibt es zwar professionelle Porträts, doch auf ihnen inszenierte sich Bernhard als Künstler. Die Bilder, die Gerda MALETA schoss, zeigen Bernhard ganz anders. Mit Maleta, der Frau des damaligen ÖVP-Nationalratspräsidenten Alfred ihr, verband den Schriftsteller seit 1972 eine langjährige Freundschaft mit gegenseitigen Besuchen und gemeinsamen Reisen etwa nach Portugal und Italien. Im Fotoband 'Um der Kälte zu entfliehen' ist es, wie wenn man bei Bernhard auf der Couch sitzen und durchs private Fotoalbum blättern würde. In einer Fotoserie aus dem Jahr 1974 „verkleidet“ sich Bernhard mit Zipfelmütze und Lodenjanker als Ferdl, sein skurriler Gehilfe auf seinem Bauernhof in Obernathal. Dann wieder sieht man Bernhard als mondänen Dandy, der in Sakko, weißer Hose und gepflegten Lederschuhen an der portugiesischen Atlantikküste entlangspaziert, in lustigen Posen bei einem Ätna-Ausflug oder im Morgenmantel auf einer Hotelterrasse in Taormina.
Doch die Fotosammlung bietet nicht nur einen ungewöhnlichen Einblick in Bernhards Privatleben. 'Die größere Nähe zum Alltag und die Erinnerungsfunktion der privaten Fotos ergeben eine größere Nähe zum Werk', bemerkt der Bernhard-Experte Hans Höller im Vorwort. Viele der Reisen und dabei geschlossenen Freundschaften tauchen in der einen oder anderen Form in Bernhards Werk wieder auf. In Rom besuchten Thomas Bernhard und Gerda MALETA etwa den vatikanischen Diplomaten Erzbischof Cesare Zacchi, der später als Inspiration für seinen Namensvetter Zacchi und den Erzbischof Spadolini im Roman 'Auslöschung' diente." (© ORF, 2008)