Hintergrundinformation
"Von 1992 bis 2002 dokumentierte der deutsche Fotograf Joachim BROHM am Rande einer deutschen Großstadt die Umwandlung eines von ungeplantem Wachstum geprägten Industriegebiets in einen modernen und futuristischen Wohn- und Gewerbepark. Mit der Geduld eines Botanikers und der Neugier einer Katze widmete er sich diesem Areal aus Hinterhöfen, Gehegen, Materialhaufen und später auch den verlassenen Grundstücken, den geometrisch angelegten Straßen und den aufstrebenden Neubauten. Während seines Langzeitprojekts arbeitete er akribisch daran, die Veränderungen in den städtischen Strukturen festzuhalten. Sein Gebiet ist eine nüchterne Alltagswelt, die von einer Vielzahl von Nebensächlichkeiten geprägt ist. Die fein austarierte Komposition der Fotografien zeugt von der Mehrdeutigkeit des scheinbar Vertrauten und dem permanenten Fluss der Wirklichkeit." (© Steidl Verlag, 2002)
"'Areal' ist ein Projekt über ein Projekt. Da ist zunächst das Stadterneuerungsprojekt, das sich auf einen quadratischen Block in München, Deutschland, konzentriert. Dann gibt es das zehnjährige Dokumentationsprojekt des deutschen Fotografen Joachim BROHM über dasselbe Gebiet.
In gewisser Weise handelt der vergriffene Fotoband 'Areal' vom Wandel - von einem Industriegelände zu einem Wohnkomplex -, aber in mancher Hinsicht geht es auch darum, dass die Dinge gleich bleiben. Der gebeizte Beton, das Dreiecksschild, die Tankstelle im Winter und im Frühling, der VW-Kombi sind auf den ersten und letzten Seiten des Buches (chronologisch geordnet) zu sehen. Stellen Sie sich das Buch als ein Dokument des Übergangs vor, in dem sich die Welt nie ganz verwandelt, sondern irgendwo in der Gegenwart schwebt, immer im Prozess des Werdens, immer das eine und das andere. Hier gibt es keinen Endpunkt, nur Mitte, soweit das Auge reicht. Autos und Bäume und Balken und Mädchen, alles im Übergang, immer im Übergang.
Inhalt
Wie das Projekt selbst bleibt auch die Darstellungsweise von Joachim BROHM vergänglich und schwer fassbar. Im Gegensatz zur romantisierten und kommerzialisierten Landschaft von Andreas GURSKY oder dem nahen, verschwommenen Alltag von Wolfgang TILLMANS, verlässt er sich nie auf ein einziges visuelles Vokabular oder eine einzige Geste. Stattdessen zerlegt er das Alltägliche in die visuellen Qualitäten, die es charakterisieren: entrückte Komplexität, unerwartete Schönheit, zufällige Farben, sich überschneidende Stile, allgegenwärtige und stets gebrochene Raster und die fast wundersame Kraft der unbeweglichen menschlichen Interaktionen. Das Ergebnis fühlt sich nicht wie die Geschichte eines einzelnen Ortes oder einer einzelnen Wahrnehmung an; stattdessen fühlt es sich wie die Geschichte von jemandem an, der aufmerksam ist - wie das Projekt selbst, ein erweiterter Blick in eine vergängliche Wahrnehmungsintelligenz. Bei dieser Intelligenz geht es nicht darum, etwas zu kodifizieren und damit zu vollenden: Es geht um die endlosen Wanderungen der menschlichen Neugierde: Man bemerkt eine Sache, dann eine andere, und dann bemerkt man etwas Neues an dem, was man zuvor bemerkt hat. Es gibt keine Regeln, die Areal zugrunde liegen, nur Beobachtungen; keine endgültige Botschaft, nur die nächste Botschaft in einer dynamischen Wahrnehmungsmitte. Das ist das Geheimnis der Aufmerksamkeit. Es ist auch der Preis." (© Vince Leo, 2002)
Über den Fotografen Joachim BROHM (*1955)
Fotobücher von sowie mit Werken von Joachim BROHM
- Hrsg./Autor(en)
- Urs Stahel
- Format
- HC with dust jacket, 20,5 x 26,5 x 2,5 cm., 264 pp., 206 color ills., bilingual text: German & English